Translation © Robert W. Eshbach, 2013.

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JJ portrait

Richard Wagner on Joseph Joachim

I hear that a “High-School of Music” has been established in Berlin under the auspices of the Royal Academy of Arts and Sciences, and that the directorship of the school has been entrusted to the celebrated violinist, Mr. Joachim. To establish such a school without Mr. Joachim, if his services could be secured, must in any case have appeared to be a critical mistake. I am optimistically on his side, since everything I have heard about his playing proves that this virtuoso well knows and practices the style of execution I wish for our great music. Next to Liszt and his disciples he is the only living musician to whom I can point as a practical proof and example in support of the foregoing assertions. It is immaterial whether or not Herr Joachim is annoyed, as I also hear, to be placed in this company; for, with regard to that which we can do, it does not matter what we choose to profess, but only what is true. If Herr Joachim thinks it advantageous to allege that he has developed his style so beautifully in the company of Herr Hiller or R. Schumann, we can let the matter rest, provided he always plays in such a way that one can recognize the good result of several years’ intimate association with Liszt. I also think it advantageous that in thinking of a “High-School of Music”, the promoters had the insight to secure the services of an excellent performing artist. If, today, I had to explain to a theatre capellmeister how he ought to conduct something, I would much rather refer him to Frau Lucca, than to the late Cantor Hauptmann in Leipzig, even if the latter were still alive. In this point I agree with the most naïve audience, and indeed, with the taste of our most distinguished opera patrons, in that I hold with those who give something of themselves, and who bring forth something that penetrates the ear and feelings. It would still appear dubious to me if Mr. Joachim were allowed to sit on high on the Consul’s throne with nothing in hand but his violin, for I feel about violinists as Mephisopheles did about the “beauties,” whom he considers “once and for all in the plural.” The baton is reported not to have served him well; composing, too, seems to have embittered him more than it delighted others. It does not seem right to me that the “High-School” should be solely directed from the high stool of the lead violinist. Socrates, at least, was not of opinion that Themistocles, Cimon and Pericles, by virtue of their abilities as commanders and speakers,  would prove capable of guiding the state into prosperity; for, unfortunately, he could see in their successes that the administration of state affairs became a source of personal trouble to them. But perhaps this is different in music. — [But one thing makes me dubious again. I have been told that Mr.] Joachim, whose friend J. Brahms hopes for good things from a return to the melody of Schubert’s songs, awaits a new Messiah for music as a whole. Should he simply leave this expectation to those who made him “high school master?” I, on the other hand, call to him: have at it! If it should come to pass that he himself is the Messiah, he can at least hope not to be crucified by the Jews!

JJ Initials

Wie ich erfahre, ist unter den Auspizien der königlichen Akademie der Künste und Wissenschaften in Berlin eine “Hochschule der Musik” gegründet, und die oberste Leitung derselben dem berühmten Violinisten, Herrn Joachim bereits anvertraut worden. Eine solche Schule ohne Herrn Joachim zu begründen, wo dieser zu gewinnen war, hätte jedenfalls als bedenklicher Fehler erscheinen müssen. Was mich für Diesen hoffnungsvoll einnimmt, ist, daß Allem nach, was ich über sein Spiel erfahren habe, dieser Virtuos genau den Vortrag kennt und selbst ausübt, welchen ich für unsere große Musik fordere; somit dient es mir, neben Liszt und den zu seiner Schule Gehörigen, als einzig sonst mir bekannt gewordener Musiker, auf welchen ich für meine obigen Behauptungen als Beweis und Beispiel hinweisen kann. Es ist hierbei gleichgiltig, ob es Herrn Joachim, wie ich andrerseits erfahre, verdrießlich ist, in diesen Zusammenhang gestellt zu werden; denn für Das, was wir wirklich können, kommt es schließlich nicht in Betracht, was wir vorgeben, sondern was wahr ist. Dünkt es Herrn Joachim nützlich, vorzugeben, er habe seinen Vortrag im Umgange mit Herrn Hiller oder R. Schumann so schön ausgebildet, so kann dieß auf sich beruhen, vorausgesetzt daß er nur immer so spielt, daß man darauf den guten Erffolg eines mehrjährigen vertrauten Umganges mit Liszt erkennt. Auch das dünkt mich vortheilhaft, daß man bei dem Gedanken an eine “Hochschule für Musik” sogleich den Blick auf einen ausgezeichneten Künstler des Vortrages geworfen hat: wenn ich heute einem Theater-Kapellmeister begreiflich zu machen hätte, wie er etwas zu dirigieren habe, so würde ich ihn immer noch lieber an Frau Lucca, als an den verstorbenen Cantor Hauptmann in Leipzig, selbst wenn dieser noch lebte, verweisen. Ich treffe in diesem Punkte mit dem naivsten Publikum, und selbst mit dem Geschmacke unsrer vornehmen Opernfreunde zusammen, indem ich mich an denjenigen halte, der etwas von sich giebt, und von dem wirklich etwas uns zu Ohr und Empfindung dringt. Bedenklich würde es mir aber dennoch erscheinen, wenn ich Herrn Joachim, in der Höhe auf dem curulischen Sessel der Akademie, so ganz nur mit der Geige allein in der Hand gewahren sollte, da es mir überhaupt mit den Geigern so geht, wie Mephistopheles mit den “Schönen”, welche er sich “ein für alle Mal im Plural” denkt. Der Taktstock soll ihm nicht recht parirt haben; auch das Komponiren scheint ihn mehr verbittert, als Andere erfreut zu haben. Wie nun die “Hochschule” allein vom Hochstuhle des Vorgeigers aus zu dirigiren sein soll, will mir nicht recht zu Sinn. Sokrates wenigstens war nicht der Meinung, daß Temistokles, Kimon und Perikles, weil sie ausgezeichnete Feldherren und Redner waren, auch den Staat zu seinem glücklichen Gedeihen zu leiten im Stande gewesen wären; denn leider konnte er an ihren Erfolgen nachweisen, daß dieses Staatregieren ihnen selbst sehr übel bekam. Doch ist disß vielleicht bei der Musik anders. — [Nur Eines macht mich wieder bedenklich. Man sagt mir, Herr] Joachim dessen Freund J. Brahms alles Gute für sich aus einer Rückkehr zur Schubert’schen Liedermelodie verhoffe, seinerseits einen neuen Messias für die Musik überhaupt erwarte. Diese Erwartung sollte er füglich doch Denjenigen überlassen, welche ihn zum Hochschulmeister machten? Ich dagegen rufe ihm zu: Frisch daran! Sollte es ihm selbst begegnen, der Messias zu sein, wenigstens dürfte er dann hoffen, von den Juden nicht gekreuzigt zu werden! — [i]

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[i] Originally published: NZfM, Vol. 66, No. 4 (January 21, 1870): p. 36. Later edition: Richard Wagner, Ueber das Dirigieren, Leipzig: C. F. Kahnt (n.d.), pp. 84-86. Text in parentheses is from the C. F. Kahnt edition.