Translation © Robert W. Eshbach 2014


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Joseph Joachim to Robert Schumann [i]

Hanover, June 2, 1853

The days that I recently spent with you are for me too significant for me not have wished to hold them a bit in your memory. The score to the Beethoven Violin Concerto, that you wished to possess, and that I permit myself to send to you with these lines, offers me a helpful opportunity. May Beethoven’s example inspire you to bring to light from your deep mine a work for the poor violin players, for whom, except for chamber music, there is so little for their instrument of uplifting value, wonderful guardian of richest treasures!

The overture to Hamlet, which accompanies the concerto, and that, in the worst case, should serve as an antidote, is of my composition; I hesitate in sending it to you, for this is the first time that you see one of my works. I heard it a week ago in Weimar; in most places, the sounds were as my inner ear perceived them; nevertheless, it became clear to me that it will be necessary to make a few formal alterations: in many places the forte breaks off too suddenly after long intensifications, without sufficient satisfaction for the musical sense. A few comments from you, honored master, could be of great importance for me and my progress; I do not wish to ask you for them, for you have, after all, more important commitments; but I would like at least to say to you that it would please me if you would sometime reserve a few minutes for me and my overture! I travel tomorrow to Göttingen, where I shall stay for a few months. —

The Düsseldorf days will be present in me for a long time; It wasn’t that I was so exhilarated by the excessive appreciation of my accomplishments — it did me still far more good to encounter a host of artistic companions in your presence, in whose company I hope to travel a good long path; here in Hannover, I had felt very lonely.

In most joyful devotion to you and your spouse, I remain

Respectfully,

Joseph Joachim


 

Hannover, am 2ten Juni 1853.

Die Tage, die ich letzthin in Ihrer Nähe verbracht habe, sind für mich von zu grosser Bedeutung, als dass ich nicht wünschen müsste, sie Ihnen ein wenig im Gedächtnis zu erhalten. Die Partitur des Beethoven’schen Violine-Concertes, welche Sie zu besitzen wünschten, und die ich mir erlaube Ihnen mit diesen Zeilen zu übersenden, biethet mir dazu hülfreiche Gelegenheit. Möchte doch Beethoven’s Beispiel Sie anregen, den armen Violinspielern, denen es, ausser der Kammermusik, so sehr an Erhebendem für ihr Instrument fehlt, aus Ihrem tiefen Schacht ein Werk an’s Licht zu ziehen, wunderbarer Hüter reichster Schätze!

Die Ouvertüre zu Hamlet, welche dem Concert beiliegt, das im schlimmsten Fall als Gegengift fungiren soll, ist von meiner Composition; ich zage bei der Übersendung, denn es ist das erstemal, dass Sie von mir ein Werk zu Gesicht bekommen. Vor einer Woche hörte ich dasselbe in Weimar; die Klänge waren an den meisten Stellen so, wie mein inneres Ohr sie vernommen hatte; es drängte sich mir aber dennoch die Notwendigkeit auf, einige formelle Änderungen vorzunehmen: an mehreren Stellen, glaube ich, bricht nach langen Steigerungen, das Forte zu kurz ab, ohne genügende Befriedigung für den Musik-Sinn. Einige Bemerkungen von Ihnen, verehrter Meister, könnten für mich und mein Weiterstreben von hoher Wichtigkeit sein; ich will Sie nicht darum bitten, denn Sie haben am Ende Verpflichtungen, gegen die der Einzelne willig nachstehen muss; aber wenigstens möchte ich Ihnen sagen, dass es mich beglücken würde, wenn Sie einige Minuten einmal für mich und meine Ouvertüre übrig behielten! Ich reise morgen nach Göttingen, wo ich einige Monate bleiben werde. —

Die Düsseldorfer Tage werden lange in mir wirksam sein; nicht dass man so überdankbar meine Leistungen aufnahm, hat mich so sehr erfrischt — es hat mir noch viel mehr wohlgethan in Ihrer Umgebung eine Schaar von künstlerischen Genossen zu treffen, mit denen ich hoffen darf, recht lange einen Weg zu verfolgen; hier in Hannover hatte ich mich sehr vereinsamt gefühlt.

In freudigster Verehrung für Sie und Ihre Frau Gemahlin verbleibe ich

Hochachtungsvoll ergeben

Joseph Joachim.

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[i] Joachim/BRIEFE I, pp. 59-60.