Concert: Berlin, Singakademie, December 1854—Concerts with Clara Schumann

Signale für die Musikalische Welt, vol. 12, no. 52 (December, 1854): 429-30.


Zwei Soireen von Frau Clara Schumann und Herrn Joachim, welche dieselben am 10. und 16. Dec. im Saale der Singacademie in Berlin gaben, waren sehr zahlreich besucht, das Programm ein ausgewähltes und die Executirung der einzelnen Nummern von rauschendem Applaus begleitet. Folgende Stücke kamen in der ersten Soiree zur Aufführung: Sonate für Clavier und Violine (A dur) von J. S. Bach. — Romanze in G dur für Violine von Beethoven. — Sinfonische Etuden für das Pianoforte von R. Schumann. — Ciaconne für Violine von J. S. Bach. — Andante und Scherzo aus der F moll–Sonate von J. Brahms. — Sonate für Pianoforte und Violine in A dur Op. 47 von Beethoven. Außerdem Gesangsvorträge des Herrn von der Osten. Die Nationalzeitung sagt unter anderen: Indem sich ein paar künstlerische Persönlichkeiten, aus so edlem Stoffe gebildet wie diese Beiden, zum Vortrag der Bach’schen A dur-Sonate und der Kreutzer-Sonate von Beethoven vereinigten, mußte natürlich die Wirkung eine überwältigende sein. Wir hatten überall den Eindruck der getreusten Reproduction und sahen einmal wieder von Angesicht zu Angesicht jene beiden größten Meister, welche die entgegengesetzten Grenzen eines langen, entwicklungsreichen Zeitraums bezeichnen und doch durch die innerste Verwandtschaft verbunden sind. Von der Pianistin allein hörten wir: Sinfonische Etuden in Form von Variationen von Robert Schumann, eine seiner geistreichsten und gediegensten Claviercompositionen, und Andante und Scherzo aus einer F moll-Sonate von Johannes Brahms. In beiden Werken be-

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wies sie wieder die bewunderungswürdigste Ausdauer, Fertigkeit und Energie des Ausdrucks. Die Sonate schließt sich der Schumannschen Richtung an und legt Zeugniß ab von einem hervorragenden Productions-Vermögen. Das Andante trägt das Motto: “Der Abend dämmert, das Mondlicht scheint, da sind zwei Herzen in Liebe vereint und halten sich selig umfangen.” Herr Joachim hatte sich zu seinen Soli die bekannte G dur-Romanze von Beethoven und Bachs berühmte Ciaconne gewählt. Der zarteste Duft und Farbenschmelz zeichnete die Eine, markige Kraft und meisterhafte Charakteristik die Andere aus. Herr von der Osten sang in seiner ansprechenden Weise die große Tenor-Arie aus der Schöpfung, ein sehr inniges, schon neulich von uns erwähntes Lied von Radecke und die Widmung von Schumann. Die zweite Soiree brachte folgende Werke: Sonate für Pianoforte in D moll von Robert Schumann. — Präludium und Fuge für Violine von Bach. — Variationen von Mendelssohn für Pianoforte, Op. 83. — Sonate für Pianoforte und Violine von Beethoven, Op. 30 in G dur. — Fantasiestück von W. Bargiel aus Op. 8. — Notturno in E moll von Chopin. — Rondo von Weber aus der C dur-Sonate für Pianoforte. — Präludium in E dur von J. S. Bach. Variationen von Paganini für Violine. Ferner trug der Sternsche Gesangverein zwei Lieder von Mendelssohn und zwei Lieder von Robert Schumann vor. Am 20. Dec. werden Clara Schumann und Joachim eine dritte und letzte Soiree geben.

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Two soirées given by Frau Clara Schumann and Herr Joachim on Dec. 10 and 16 in the hall of the Singakademie in Berlin were very well attended; the program was of outstanding quality and the execution of the individual numbers was accompanied by rapturous applause. The following pieces were performed in the first soirée: Sonata for piano and violin (A major) by J. S. Bach. — Romance in G major for violin by Beethoven. — Symphonic Etudes for pianoforte by R. Schumann. — Ciaconne for violin by J. S. Bach. — Andante and Scherzo from the F minor Sonata by J. Brahms. — Sonata for pianoforte and violin in A major Op. 47 by Beethoven. In addition, vocal performances by Mr. von der Osten. The Nationalzeitung says inter alia: When two artistic personalities, of such noble character as these two, unite for the performance of Bach’s A major Sonata and Beethoven’s Kreutzer Sonata, the effect must naturally be overwhelming. We had everywhere the impression of the most faithful reproduction and saw once again face to face these two greatest masters, who represent the opposite ends of a long, development-rich epoch and yet are connected by the innermost kinship. From the pianist alone we heard: Symphonic Etudes in the Form of Variations by Robert Schumann, one of his cleverest and most dignified piano compositions, and Andante and Scherzo from an F minor sonata by Johannes Brahms. In both works she again demonstrated the most admirable stamina, skill, and energy of expression. The sonata follows Schumann’s school and bears witness to an outstanding productive capacity. The Andante bears the motto: “The evening falls, the moonlight shines, two hearts united in love hold each other in blissful embrace.” Herr Joachim chose for his solos the well-known G major Romance by Beethoven and Bach’s famous Ciaconne. The most delicate fragrance and melding of colors distinguished the one, striking power and masterly characterization the other. Mr. von der Osten sang in his appealing manner the great tenor aria from The Creation, a very heartfelt song by Radecke which we mentioned recently, and the “Widmung” by Schumann. The second soirée featured the following works: Sonata for pianoforte in D minor by Robert Schumann. — Prelude and Fugue for violin by Bach. — Variations by Mendelssohn for pianoforte, Op. 83. — Sonata for pianoforte and violin by Beethoven, Op. 30 in G major. — Fantasy piece by W. Bargiel from Op. 8. — Notturno in E minor by Chopin. — Rondo by Weber from the C major Sonata for Pianoforte. — Prelude in E major by J. S. Bach. — Variations by Paganini for violin. In addition, the Sternsche Gesangverein performed two songs by Mendelssohn and two songs by Robert Schumann. On Dec. 20, Clara Schumann and Joachim will give a third and final soirée.

[Translation: Ⓒ 2021 Robert W. Eshbach]

A Letter of Joseph Joachim on Editing the “Chaconne” of Bach, May 6, 1879

Translation of the letter below



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Ein Brief Joseph Joachims zur
Bearbeitungsfrage bei Bach

Mitgeteilt von Georg Kinsky (Köln).

Arnold Schering (ed.), Bach-Jahrbuch, Vol. 18 (1921): 98-100


In der im vorigen Bach-Jahrbuch (S. 30f.) erschienenen aufschlußreichen Abhandlung “Zu Joh. Seb. Bachs Sonaten und Partiten für Violine allein” von Andreas Moser ist auf die unerreichte Art der Wiedergabe der Solosonaten und insbesondere der Chaconne der d moll-Partita durch Joseph Joachim gebührend hingewiesen. Als eine kleine Ergänzung hierzu sei ein bisher anscheinend unbekannt gebliebener Brief [1] mitgeteilt, den der Meister der Geige im Jahre 1879 an Alfred Dörffel, den verdienten Mitarbeiter der Firma C. F. Peters in Leipzig, als Antwort auf das Anerbieten des Verlags schrieb, eine von ihm mit Vortragsbezeichnungen versehene Ausgabe der Chaconne zu übernehmen. Die Gründe, die Joachim zur Ablehnung dieses Ersuchens veranlaßten, und die daran geknüpften allgemeinen Erörterungen über Bezeichnungen in Neuausgaben klassischer Tonwerke sind reizvoll genug, um einen Abdruck des Briefes zu rechtfertigen, — wobei es außer Betracht bleiben kann, daß Joachim in späteren Jahren seine einstmaligen Bedenken aufgegeben und im Bunde mit seinem getreuen Mitarbeiter Moser die Herausgabe als der “beste Dolmetsch dieser Wundermusik” unternommen hat. [2] Es war seine letzte musikalische Arbeit, die ihn noch kurz vor seinem Heimgang unablässig beschäftigte. [3]

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Nach der Urschrift im “Musikhistorischen Museum von Wilhelm Heyer” in Köln hat das Schreiben folgenden Wortlaut:

[Berlin, 6. Mai 1879.]

            “Geehrter Herr Dörffel!

Ihr Herr Sohn hat mir Ihren Wunsch, die Chaconne betreffend, übermittelt. Vor allen Dingen muß ich Ihnen da meinen warmen Dank für die herzlich anerkennede Art, in der Sie mir aussprechen daß Sie an meiner Wiedergabe Bachscher Sachen Freude hatten, ausdrücken. Schon um Ihnen dafür auch etwas angenehmes zu erweisen möchte ich nun Ihrem Verlangen nachkommen die Chaconne nach meiner Art zu “bezeichnen” und namentlich die Arpeggien auszuschreiben. Aber wenn ich darüber nachdenke, so muß ich zu dem Resultat gelangen, daß gerade dies etwas unausführbares an sich hat: denn was Ihnen an meiner Wiedergabe wohl gefallen haben mag, ist wahrscheinlich daß sie frei klang und den Stempel des Reflektierten, in der Weise daß ich etwa das eine Mal genau wie das andere Mal nüancirte, nicht an sich trug. Die Wirkung der Arpeggien z. B. liegt für mich darin, ein breit angelegtes Crescendo derartig auszuführen, daß mit Steigerung der Tonstärke sich gegen Ende hin allmälig 5 und dann 6 Noten aus den vier 32steln entwickeln, bis die sechs Noten die Oberhand behalten, wo dann auch der Baß markirter hervortritt. Wann ich anfange mit den 5 oder 6 Noten, weiß ich wirklich selbst nicht: es wird je nachdem ich einmal früher oder später crescendire wechseln, was wieder von momentanen Dingen abhängt, wie von minder oder mehr erregter Stimmung, besseren oder schlechteren Bogenhaaren, die leichter im piano oder im forte ansprechen, dünnern oder dicker Saiten, ja was weiß ich von welchen Zufälligkeiten! Aber aufschreiben läßt sich’s meines Erachtens nicht. Täte man’s in einer oder der andern Manier, so würde der Bachsche Text zu subjektiv gefärbt dastehen. — Und da sind wir leider an einem wunden Punkt der meisten Herausgeber unserer Zeit angelangt, der mir (ich darf es Ihnen an dieser Stelle offen gestehen) z. B. schon Davids in vieler Hinsicht höchst verdienstlichen Arbeiten bis zu einem Grade verleidet, daß ich immer trachte von andern Exemplaren als den seinen zu spielen. Man bezeichnet, man arrangirt heutzutage wirklich viel zu viel an fremden Sachen — (die eignen bezeichne man so peinlich genau wie möglich!). Wer nicht als Spieler eine so allgemeine musikalische Bildung, eine so warme Empfindung für die Componisten hat, daß sich ihm das Technische wie Geistige aus eignem Verständnis ergiebt, der bleibe überhaupt davon, sie vor anderen Menschen zu spielen. Das ist wohl für einen Schulmeister, der ich ja jetzt bin, gar wenig pädagogisch?! Vielleicht — indeß scheint mir die Aufgabe des Lehrers auch nicht die zu dressieren, sondern zu dem oben gewünschten Grade des Verständnisses hinzu-

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leiten, wobei gewiß manches von David Gebrachte auch noch seinen anregenden Nutzen haben kann, der ja ein feiner Kopf und tüchtiger Künstler war. Aber in Bausch und Bogen führt unser modernes für Conservatorien “zum Gebrauch herzurichten” zur Manier. Schon deshalb, weil manche oft gerechtfertigte leise Vortragsregung durch aufschreiben geradezu vernichtet wird — ein gestochenes cresc: mf, f, ff sieht Einen gar derb an, und hört sich noch härter und aufdringlicher an in Ton übersetzt! — Aber nun habe ich nicht nur Ihnen Ihren schmeichlhaften Wunsch nicht erfüllt, sondern auch noch eine Art langweiliger Vorlesung gehalten, und ich habe nichts zu meiner Entschuldigung vorzubringen, als daß wenigstens Ihnen gegenüber meiner Gesinnung unrecht geschehen würde, wenn Sie sagten: qui s’excuse s’accuse. Ich hätte gern willfahrt!

In vorzüglicher Hochachtung

Joseph Joachim”


3. Beethovenstrasse, N. W. Thiergarten
[Berlin, 6 May 1879.]

Dear Mr. Dörffel!

Your son has sent me your request concerning the Chaconne. Above all, I must express my warm thanks to you for the cordially complimentary way in which you tell me that you enjoyed my rendition of Bach’s things.

If only to return your kindness, I would like to fulfill your request to “mark” the Chaconne in my way and, in particular, to write out the arpeggios.

But when I think about it, I have to conclude that precisely this has something unworkable about it: for what you may have liked about my rendition is probably that it sounded free and did not carry the stamp of the reflective, such that I did not play with exactly the same nuances from one time to another.

For me, for example, the effect of the arpeggios comes from producing a broadly conceived crescendo in such away that, with the increase in tone strength, 5 and then 6 notes develop from the four 32nds, until the six notes gain the upper hand, and the bass then also emerges more markedly.

I really don’t know myself when I start with the 5 or 6 notes: it will vary, depending on whether I crescendo sooner or later — which again depends on momentary matters, such as less or more aroused mood, better or worse bow hair which speaks more easily in the piano or in the forte, thinner or thicker strings, ahh, I don’t know what unforseen eventualities! But, in my opinion, it cannot be written down. If one were to do it in one or the other manner, Bach’s text would be too subjectively colored. — And here, unfortunately, we have reached a sore point which concerns most of the editors of our time, (I may frankly admit to you at this point), for example, even David’s works, which are in many respects highly commendable, but that annoy me to a degree that I always try to play from copies other than his.

Nowadays, people mark, people arrange really far too much on other people’s things — (on one’s own things, one’s markings should be as meticulously detailed as possible!).

He who does not have a sufficiently general musical education as a player, a sufficiently warm feeling for the composer, such that the technical as well as the spiritual emerges from his own understanding, should refrain from playing for others.

For a schoolmaster, which I am now, that is hardly pedagogical?! Perhaps — in the same way, the teacher’s task does not seem to me to be to train, but to add to the above-desired degree of understanding, whereby certainly some of the editions by David, who was a fine head and a skilled artist, can still have their stimulating benefit.

But, all in all, our modern practice of arranging “for practical use” for conservatories leads to mannerism.

For the same reason that some often-justified quietly spoken aside in a lecture can be well-nigh ruined by writing it down — one may regard an engraved cresc: mf, f, ff crudely, and it sounds even harder and more intrusive translated into tone! — But now I have not only not fulfilled your flattering wish, but also given a kind of boring lecture, and I have nothing to say in my defense than that at least you would be unjust toward my disposition if you were to say: qui s’excuse s’accuse.

I would gladly have consented!

Respectfully yours,

Joseph Joachim

[Translation © Robert W. Eshbach, 2021]


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Holograph, dated in another hand 6 and 7 Mai, 1879, in The Royal Academy of Music, London. Foyle Menuhin Archive Accession No. 2005.2446.

[1] In der dreibändigen Ausgabe der “Briefe von und an Joseph Joachim” (Berlin 1911-13) ist das Schreiben nicht enthalten.

[2] J. S. Bach, “6 Sonaten für die Violine allein.” Neue Bearbeitung …. (Berlin 1908, Ed. Bote & Bock).

[3] A. Moser, “Joseph Joachim. Ein Lebensbild,” 2. Bd. (Berlin 1910) S. 328 f.

Concert: Leipzig, Gewandhaus, March 23, 1854 (Hamlet Ov.)

Signale für die Musikalische Welt, vol. 12, no. 14 (March, 1854): 113-14.


Zwanzigstes Abonnementconcert
im Saale des Gewandhauses zu Leipzig. Donnerstag, den 23 März 1854

Erster Theil: Introduction und erste Scene aus “Iphigenie in Tauris” von Gluck. Iphigenie: Fräulein Clara Brockhaus. — Concert für die Violine von Henri Litolff, vorgetragen von Herrn Concertmeister R. Dreyschock. — Hymne für eine Sopranstimme und Chor von Felix Mendelssohn-Bartholdy; die Solopartie gesungen von Fräulein Brockhaus. — Ouverture zu “Hamlet von Jos. Joachim, (Manuscript, unter Direction des Componisten .) — Notturno für das Waldhorn, componirt von Lorenz, vorgetragen von Herrn A. Lindner, Fürstl. Reuß. Hofmusikus. — Zweiter Theil: Symphonie pastorale (Nr. 6) von L. van Beethoven. (Die Ausführung der Chöre durch die Mitglieder der Singakademie, des Pauliner-Sängervereins in Verbindung mit dem Thomanerchore.)

Wenn man seine Gedanken mittheilen will, so ist die erste Forderung an dieselben, daß sie verständlich seien. Nur unter den deutschen Philosophen und Componisten sehen wir zuweilen Individuen auftreten, die jenes Verlangen nicht erfüllen können oder nicht erfüllen wollen. Das ist eine wahrhaft betrübende Erscheinung, um so betrübender als sie namentlich in der Neuzeit gerade an den begabtesten Geistern am öftersten bemerkt wird! Wir haben Herrn Joachim vor Kurzem ein außergewöhnliches Compositions-talent zugesprochen und wir bleiben auch nach der Aufführung seiner Ouverture zu Hamlet bei unserer Meinung. Neuheit und Eigenthümlichkeit der Gedanken hat sie durchaus. Allein was hilft es, wenn wir nach dem Anhören eines Tonstückes sagen können: das war sehr neu, sehr eigenthümlich, und hinzufügen müssen: aber durchaus unbegreiflich? Und durchaus unbegreiflich ist uns seine Ouverture geblieben. Wir haben eine sehr lange Reihe seltsamer Gedanken gehört, worunter welche wie leuchtende Blitze in düsterer Nacht kurz aufzuckten, aber wir vermochten sie weder als eine einheitliche Form zu fassen, noch irgend einen Bezug in ihnen auf Shakspeares Hamlet zu er-

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kennen. Herr Joachim wird gefunden haben, daß es dem ganzen Gewandhaus-Publikum so ergangen, und er weiß, daß das ganze Gewandhaus-Publikum ihn liebt. Kann oder will er seine Ideen in der Folge in eine begreifliche Form bringen und ihren Inhalt deutlicher ausdrücken, so steht ihm eine bedeutende Zukunft offen; auf dem Wege, den er mit diesem Werke betreten, geräth er in wüste Gegenden, wo keine Menschen wohnen, die Theil daran nehmen können. […]

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Concert: Vienna, February 28, 1846, Musikvereinssaal

Wiener Zuschauer. Zeitschrift für Gebildete, Vol. 36 (March 4, 1846), pp. 285–286.

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Zweites Konzert des J. Joachim,
am 28. Februar, um halb 10 Uhr Abends, im Saale der Gesellschaft der Musikfreunde.

Selten hat ein jugendlicher Violinist in so hohem Grade die allgemeine Anerkennung einer ebenso rigorosen Kritik, als eines musikgebildeten Publikums zu erringen gewußt, als Joachim in seinem von ihm im vorigen Monat veranstalteten Konzert. Der glänzende Erfolg des zweiten bestätigte, wie wahr und gerecht damals beide in ihren Urtheilsäußerungen sich zeigten. In eine Poesiewelt, in ein Land der süßesten Träume, in ein Reich, wo der holdlächelnde Frühling für ewig seinen Thron aufgeschlagen, glaubte der Zuhörer sich versetzt, als er mit einer Zartheit und Delikatesse des Vortrages, mit entzückend-schönem warm und innig gefühltem Ausdruck ein wunderbarergreifendes “Konzert” von Felix Mendelssohn-Bartholdy von Joachim spielen hörte. Wer staunet nicht über ein so, frühes Talent, wie das des Konzertgebers, der an einem künstlerischen Erfassen großartiger Ideen, einem ruhigen Eingehen in die verschiedenartigsten Kompositionen edler Tongeister keinen Augenblick zweifeln läßt. Wieder war Joachim’s “Adagio” ein verkörpertes, schmerzlich bewegtes Gemütsleben, sein “Allegro” eine frische, jugendlich-kräftige Tonwelt. Gleich tüchtig erwies er sich auch in “Introduktion und Variationen über ein Original-Thema,” von Ferdinand David, einer Komposition, die in der Überwindung ungeheurer Schwierigkeiten einen Meister in der Technik sucht und ihn in dem jungen Joachim gefunden. Die preiswürdigste Leistung jedoch war wieder “Ciaconna” von Joh. Seb. Bach, das “auf Verlangen” vom Konzertgeber uns zu Gehör gebracht, ob der meisterhaften Exekutirung eine noch mehr begeisternde Theilnahme, als im ersten Konzerte, für Joachim wachrief. In ein paar Jahren glauben wir ihn, wenn er immer mehr und mehr an seiner Vervollkommnung arbeitet, den glänzendsten Violinisten der Gegenwart beizählen zu können.

Noch sang Fräulein Betti Bury zwei Lieder mit verständiger Auffassung und wohl-nuancirtem Ausdruck, ferners ein Hr. Wieselmann eine Arie aus “Othello.” Stimme ist viel werth, aber sie ist noch nicht Alles. Es genügt nicht blos eine kräftige, volltönende Stimme, wir wollen auch singen hören. Der Besuch war gewählt und zahlreich, die

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Begeisterung für das blühende Talent des Konzertgebers eine, im oftmaligen Hervorruf und mehrmals sehr lebhaften Beifall sich kundgebende. Daß dieses noch dazu in einem Nacht-konzerte so lebhaft geweckt ward, spricht noch deutlicher für dessen große Befähigung als produzirender Künstler.

C. Mr.


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Second concert of J. Joachim,
on 28. February, at half past nine in the evening, in the hall of the Gesellschaft der Musikfreunde.

Rarely has a young violinist been able to win the universal recognition of both rigorous critics and a musically educated audience to such a high degree as Joachim in the concert he gave last month. The brilliant success of the second [concert] confirmed how true and just both of them were in their judgments at that time. The listener was transported to a world of poetry, to a land of the sweetest dreams, to a realm where the smiling springtime has taken up its throne forever, when he heard Joachim play a wonderfully gripping “Concerto” by Felix Mendelssohn-Bartholdy with a tenderness and delicacy of performance, and with a delightfully beautiful, warm and heartfelt expression. Who does not marvel at such a precocious talent as that of the concert giver; who entertains a moment’s doubt that he has an artistic grasp of great ideas, a calm insight into the most diverse compositions of noble tone-spirits[?] Again, Joachim’s “Adagio” embodied a painfully animated emotional life, his “Allegro” a fresh, youthful, powerful world of tones. He proved equally proficient in “Introduction and Variations on an Original Theme,” by Ferdinand David, a composition that requires a master of technique to overcome its tremendous difficulties, and found one in the young Joachim. The most praiseworthy performance, however, was again “Ciaconna” by Joh. Seb. Bach, which was brought to us “on request” by the concertgiver, and which, due to its masterful execution, aroused even more enthusiastic appreciation for Joachim than in the first concert. After a few more years of perfecting his skills, we believe we will be able to count him amongst the most brilliant violinists of the present.

In addition, Miss Betti Bury sang two songs with understanding and well-nuanced expression, and Mr. Wieselmann sang an aria from “Othello.” Voice is worth a great deal, but it is not everything. A strong, full-sounding voice is not sufficient — we also want to hear singing. The audience was select and numerous; the enthusiasm for the flourishing talent of the concertgiver was evident in his frequent recall and repeatedly in the very lively applause. That this was so vividly awakened in a night concert speaks even more clearly for his great ability as a performing artist.

C. Mr.


Translation: Ⓒ 2021 Robert W. Eshbach. Please acknowledge the source.


Joseph Joachim, Variations for Violin and Orchestra in E minor, WoO (Score)

Joseph Joachim
Variations for Violin and Orchestra in E minor, WoO 

Joachim Variations in E Minor, WoO

Composed: 1878–79

Dedicated to Pablo de Sarasate

First Performance: Crystal Palace, London, 28 February 1880.

Published: Bote & Bock, Berlin, 1882

See: Complete works list, Katharina Uhde, The Music of Joseph Joachim, Woodbridge and Rochester: Boydell Press, 2018, esp. Chapter 8, “Joachim and the Art of Variation.”

JJ Variations Title

A Mis-dated Letter

[German translation below]

The first volume of Andreas Moser and Johannes Joachim’s Briefe von und an Joseph Joachim, pp. 5-7, contains a letter from Joachim to his violin mentor Ferdinand David, dated London 12. April 1847, in which Joseph describes in interesting detail the concerts and players that he is encountering in the British capital. By internal evidence, the letter is mis-dated. The correct date should be 1844: the year of Joachim’s first visit to England, when he made his legendary début playing the Beethoven Violin Concerto with the Philharmonic Society Orchestra, conducted by Mendelssohn.

Perhaps the most interesting revelation to come from the correct dating of this letter is that Joachim arrived in London expecting to play, not the Beethoven Concerto, but Spohr’s Concerto no. 8 in A minor, op. 47, “Gesangsszene.” As it happened, Heinrich Wilhelm Ernst played the Gesangsszene on Monday, April 15, in the second Philharmonic concert, conducted by Sir George Smart, forcing Joachim to change his repertoire. The history-making performance of the Beethoven Concerto almost did not happen! In any case, Joachim played the Beethoven Concerto, not the Spohr, in the fifth Philharmonic concert, on Monday, May 27, 1844, with Felix Mendelssohn conducting.

https://josephjoachim.com/2013/07/03/philharmonic-debut/

This letter shows that, even at the young age of twelve, Joachim was an astute observer and critic of other musicians. He writes rather dismissively of the London orchestra, comparing it unfavorably to the Leipzig Gewandhaus Orchestra. He writes of how Ernst, a dear and important role model, nevertheless took great liberties with the Spohr — something that, young as he was, Joachim disliked. He calls Sivori a charlatan, who plays out of tune. He writes of other violinists: Auguste Pott (who played his own concerto in the fourth Philharmonic concert on May 15), Jeròme Louis Gulomy (first violinist to the Emperor of Russia—”a fine player, but not of the first class” [The Morning Post, 27 June]) who gave a number of concerts that season, and of Carlo Rossi, “16 years old, who has good recommendations from Rossini and is reputed to play badly.”

The letter is newsy and interesting, and speaks for itself. The references to Schumann are of course incorrectly annotated — the trip mentioned was the Schumann’s trip to Russia, not a trip to Berlin for a performance of Paradise and the Peri. Paradise and the Peri had been completed in late 1843, and we know that Mendelssohn took Joachim to hear its Leipzig premiere on 4 December. Thus the quotation (or mis-quotation) from memory.


Der erste Band von Andreas Moser und Johannes Joachim’s “Briefe von und an Joseph Joachim”, S. 5-7, enthält einen Brief von Joachim an seinen Geigenlehrer Ferdinand David, datiert London, 12. April 1847, in dem Joseph detailliert über die Konzerte und Musiker berichtet, die er in der britischen Hauptstadt erlebt. Anhand interner Hinweise ist das Schreiben jedoch fehldatiert. Das korrekte Datum sollte 1844 sein: das Jahr von Joachims erster Reise nach England, als er sein legendäres Debüt mit dem Beethoven-Violinkonzert bei der Philharmonic Society Orchestra unter der Leitung von Mendelssohn gab.

Die wohl interessanteste Enthüllung durch die korrekte Datierung dieses Briefes ist, dass Joachim nach London kam, um nicht das Beethoven-Konzert, sondern Spohrs Konzert Nr. 8 in a-Moll, op. 47, “Gesangsszene”, zu spielen. Tatsächlich spielte Heinrich Wilhelm Ernst die Gesangsszene am Montag, dem 15. April, im zweiten Philharmonischen Konzert unter der Leitung von Sir George Smart und zwang Joachim somit, sein Repertoire zu ändern. Die geschichtsträchtige Aufführung des Beethoven-Konzerts hätte beinahe nicht stattgefunden! In jedem Fall spielte Joachim das Beethoven-Konzert, nicht das Spohr-Konzert, im fünften Philharmonischen Konzert am Montag, dem 27. Mai 1844, unter der Leitung von Felix Mendelssohn.

Dieser Brief zeigt, dass Joachim selbst im zarten Alter von zwölf Jahren ein aufmerksamer Beobachter und Kritiker anderer Musiker war. Er äußert sich eher abwertend über das Londoner Orchester und vergleicht es ungünstig mit dem Leipziger Gewandhausorchester. Er schreibt, wie Ernst, ein lieber und wichtiger Vorbild, den Spohr in großem Maße frei interpretiert hat – etwas, was Joachim, so jung wie er war, missfiel. Er bezeichnet Sivori als Scharlatan, der verstimmt spielt. Er schreibt über andere Geiger: Auguste Pott (der sein eigenes Konzert im vierten Philharmonischen Konzert am 15. Mai spielte), Jeròme Louis Gulomy (erster Geiger des Kaisers von Russland – “ein guter Spieler, aber nicht erster Klasse” [The Morning Post, 27. Juni]), der in jener Saison mehrere Konzerte gab, und über Carlo Rossi, “16 Jahre alt, der gute Empfehlungen von Rossini hat und als schlechter Spieler gilt”.

Der Brief ist interessant und gibt selbst Auskunft. Die Verweise auf Schumann sind natürlich falsch beschriftet – die erwähnte Reise bezog sich auf Schumanns Reise nach Russland, nicht auf eine Reise nach Berlin für eine Aufführung von “Das Paradies und die Peri”. “Das Paradies und die Peri” wurde Ende 1843 fertiggestellt, und wir wissen, dass Mendelssohn Joachim zur Leipziger Premiere am 4. Dezember mitnahm. Daher stammt das Zitat (oder die fehlerhafte Zitierung) aus der Erinnerung.

—RWE

Concert: Vienna, February 28, 1846, Musikvereinssaal

August Schmidt (ed.) Wiener allgemeine Musik-Zeitung, Vol. 6, No. 28, (5 March 1846), 110.


2. Konzert des Hrn. Joseph Joachim, Sonnabend den 28. Februar im Saale der Gesellschaft der Musikfreunde.

Das vor Kurzem im Stich erschienene Violinkonzert in E-moll von Mendelssohn-Bartholdy war uns schon von vornherein die liebste Nummer des Konzertprogrammes. Hr. Joachim hat durch diese Wahl seine Pietät für klassische Musik und sein geläutertes Kunststreben abermals auf das glänzendste bewährt. Über den großen Werth dieser Composition voll Duft und Leidenschaft, in welcher die Orchesterbegleitung auf eine höchst sinnige, meisterhafte Weise, mehr in konzertanter Haltung zur Principalstimme sich geltend macht — herrscht nur eine Stimme, und wir verweisen in einer Beziehung auf Nr. 15 dieser Blätter, in welchem Hr. Philokales dieses Konzert ausführlich und treffend beurtheilte. Der 1. Satz ist der Glanzpunkt dieser Tondichtung, in welchem uns der Componist ohne herkömmliches Tutti gleich durch die Violinprimstimme zum Thema geleitet, welches ein höchst elegischer Hauch durchwehet. Im weiteren Verlaufe dieses Satzes wechseln effektvolle Passagen, ungemein zarte, liebliche Melodien, bald in der Principalstimme bald in der Begleitung auf eine vollendet durchgeführte und contrapunktirte Weise, welche den Zuhörer in stete Gemüthsspannung versetzen. Von großer Wirkung ist die brillante Cadenz vor dem Schlusse des ersten Satzes, welcher Schluß eine wohlgerundete Recapitulation aller früheren Haupt- und Zwischengedanken bildet. Von hier führt uns der Tondichter durch eine höchst geistreiche harmonische Wendung unmittelbar zum Andante in C-dur, welchem zwei äußerst zarte, seelenvolle Motive, letzteres im gesteigerten Gefühlsausdrucke, zu Grunde liegen, wobei die Orchesterbegleitung in außerordentlich feinen Nuancen gehalten ist; jedoch sind wir der Meinung, daß dieses Andante überhaupt etwas zu weit ausgesponnen sei. Mit einem Motive voll Lebendigkeit und Humor in E-dur beginnt der 3. Satz des Konzertes, von welchem der Componist in eine zweite Melodie, jedoch von minder belebender Wirkung einlenkt; ungemein geistreich und überraschend ist die Durchführung dieser beiden Gedanken — doch können wir uns andererseits auch nicht der Bemerkung begeben, daß einige in diesem Satze vorkommende Passagen im flachen Style gehalten seien. Übrigens gilt diese Tondichtung im Ganzen genommen bezüglich der äußerst dankbaren Invention, und der höchst gelungenen, dem großen Componisten eigenthümlichen, geistreichen Durchführungsweise, besonders im gegenseitigen Verhältnisse zwischen der Principalstimme und der Begleitung als ein Meisterstück, wie wir deren nur wenige besitzen, und welches in den Zuhörern einen bezaubernden Eindruck hervorruft. Der jugendliche Konzertgeber hatte dasselbe vor Mendelssohn-Bartholdy in Leipzig gespielt und dessen Beifall eingeerntet, und es war uns daher der Vortrag dieser Piece von Hrn. Joachim um so interessanter, um daraus zu erfahren, wie dieselbe dem Wunsche des Autors entsprechend vorgetragen werden soll ***). Wenn man nun in Erwägung zieht, mit welch’ unendlicher Fülle der duftigsten, zartesten, elegisch und erschütternd ergreifenden Gedanken, daher auch mit welch’ üppiger Coloratur dieses Konzertstück prangt, wie ermüdend dasselbe bezüglich der darin enthaltenen kurzen Ruhepunkte für den Vortrag wird, und weiters noch, daß hierbei die so höchst geistreiche, ganz gewiß eigenthümliche und effecetvolle Begleitung sich in den Ruhm der Principalstimme theilt, und zu grell aufgetragen, wie dieß im 3. Satze des Konzertes durchghends der für den Konzertgeber und das Auditorium gleich unliebsame Fall war, den Solopart beinahe gänzlich in den Hintergrund drängte, so muß man gestehen, der Konzertgeber habe seine schwierige Aufgabe jedenfalls auf eine Weise gelöst, die seine gediegene Auffassung, seinen geläuterten Kunstsinn und die bereits erklommene hohe Stufe seiner Technik bekundet, welche Gesammtvorzüge ihm sowohl schon während und nach dem Vortrage des Konzertstückes von Mendelssohn als auch der Introduction und der schwierigen, jedoch nicht sehr dankbaren Variationen über ein Originalthema von F. David, dann der bereits im 1. Konzerte vorgetragenen “Ciaccona” von Joh. Seb. Bach für die Violine allein, den lautesten Beifall und die Ehre des oftmaligen Hevorrufens erwirkten. Was wir in Nr. 6 dieser Blätter zum Verdienste dieses sehr talentirten jugendichen Virtuosen bei Beurtheilung seines 1. Konzertes gesagt haben, finden wir in den sehr anerkennenswerthen Leistungen seines 2. Konzertes neuerdindgs auf das überzeugendste bestätiget; wir finden uns höchst befriediget durch die lobenswerthe Wahl klassischer Konzertvorlagen, befriedigt durch die Einheit, somit Klarheit und den wohlthuenden Fluß, welche seine Leistungen durchweg auszeichnen, befriedigt durch eine staunenerregende Sicherheit und Bravour im Bunde mit einer reinen Intonation und großem, markigem Tone, und wünschen ihm, der sich auf dem besten Wege in seinem Kunststreben befindet, schon im Vorhinein vom ganzen Herzen Glück zu jener Genugthuung, deren sein großes Talent und sein eifriges Mühen auf die lohnendste Weise dann einst theilhaftig werden wird, wenn als eine Frucht des fortschreitenden geistigen Verständnisses, das innere Gefühlsleben eine höhere Potenz und Weihe erreicht haben, und die Technik der gesteigerten Empfindung einmal untergeordnet sein wird, woraus allein nur das richtige Verstehen der feinsten sinnigen, zarten und bezaubernden Nuancen und Coloraturen entkeimt, wie solche in den Werken von klassischen Tondichtern so häufig vorkommen und im Vortrage somit von großem Belange zur Erzielung eines größeren Totaleffectes sind. 

Als Konzertbeigaben hörten wir 2 Gesangstücke von Otto Nicolai, gesungen von Frln. Bury in gediegener Weise, dann eine Bravourarie aus “Othello” von Rossini, von Hrn. Wieselmann in sehr manierirter Weise und in der tiefen Lage mit unerquicklicher Stimme, dagegen aber in der höheren mit Kraft vorgetragen; erstere fand vielen wohl verdieneten, letzterer vielen freunschaftlichen  Beifall. — Mit wahrem Vergnügen sehen wir wahrscheinlich noch einem Konzerte des Hrn. Joachim nach seiner Rückkunft von Pesth, wohin er sich ehestens begibt, entgegen.

Carl Schmidt.


***) Ungeachtet dessen glauben wir doch, daß die feurig aufwallende Fantasie und die jugendliche Leidenschaflichkeit den Virtuosen zu einem schnelleren Tempo hingerissen, als es der Charakter der Composition erheischt; denn bei einem Konzertstücke, wo das Accompagnement, namentlich die Blasinstrumente so konzertant gesetzt sind, wie bei Mendelssohn‘s Violinkonzert, muß der Solospieler immer auch die Möglichkeit einer präcisen Ausführung von dieser Seite im Auge haben, wenn er es sich auch zutraut die Passagen im beschleunigten Tempo rein und fehlerlos herauszubringen, wie es bei Hrn. Joachim der Fall war.

d. R.


Wiener Allgemeine Musik-Zeitung 1846