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Category Archives: Letters

A Letter of Joseph Joachim on Editing the “Chaconne” of Bach, May 6, 1879

08 Friday Jan 2021

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Translation of the letter below



jj-initials

Ein Brief Joseph Joachims zur
Bearbeitungsfrage bei Bach

Mitgeteilt von Georg Kinsky (Köln).

Arnold Schering (ed.), Bach-Jahrbuch, Vol. 18 (1921): 98-100


In der im vorigen Bach-Jahrbuch (S. 30f.) erschienenen aufschlußreichen Abhandlung “Zu Joh. Seb. Bachs Sonaten und Partiten für Violine allein” von Andreas Moser ist auf die unerreichte Art der Wiedergabe der Solosonaten und insbesondere der Chaconne der d moll-Partita durch Joseph Joachim gebührend hingewiesen. Als eine kleine Ergänzung hierzu sei ein bisher anscheinend unbekannt gebliebener Brief [1] mitgeteilt, den der Meister der Geige im Jahre 1879 an Alfred Dörffel, den verdienten Mitarbeiter der Firma C. F. Peters in Leipzig, als Antwort auf das Anerbieten des Verlags schrieb, eine von ihm mit Vortragsbezeichnungen versehene Ausgabe der Chaconne zu übernehmen. Die Gründe, die Joachim zur Ablehnung dieses Ersuchens veranlaßten, und die daran geknüpften allgemeinen Erörterungen über Bezeichnungen in Neuausgaben klassischer Tonwerke sind reizvoll genug, um einen Abdruck des Briefes zu rechtfertigen, — wobei es außer Betracht bleiben kann, daß Joachim in späteren Jahren seine einstmaligen Bedenken aufgegeben und im Bunde mit seinem getreuen Mitarbeiter Moser die Herausgabe als der “beste Dolmetsch dieser Wundermusik” unternommen hat. [2] Es war seine letzte musikalische Arbeit, die ihn noch kurz vor seinem Heimgang unablässig beschäftigte. [3]

99

Nach der Urschrift im “Musikhistorischen Museum von Wilhelm Heyer” in Köln hat das Schreiben folgenden Wortlaut:

[Berlin, 6. Mai 1879.]

            “Geehrter Herr Dörffel!

Ihr Herr Sohn hat mir Ihren Wunsch, die Chaconne betreffend, übermittelt. Vor allen Dingen muß ich Ihnen da meinen warmen Dank für die herzlich anerkennede Art, in der Sie mir aussprechen daß Sie an meiner Wiedergabe Bachscher Sachen Freude hatten, ausdrücken. Schon um Ihnen dafür auch etwas angenehmes zu erweisen möchte ich nun Ihrem Verlangen nachkommen die Chaconne nach meiner Art zu “bezeichnen” und namentlich die Arpeggien auszuschreiben. Aber wenn ich darüber nachdenke, so muß ich zu dem Resultat gelangen, daß gerade dies etwas unausführbares an sich hat: denn was Ihnen an meiner Wiedergabe wohl gefallen haben mag, ist wahrscheinlich daß sie frei klang und den Stempel des Reflektierten, in der Weise daß ich etwa das eine Mal genau wie das andere Mal nüancirte, nicht an sich trug. Die Wirkung der Arpeggien z. B. liegt für mich darin, ein breit angelegtes Crescendo derartig auszuführen, daß mit Steigerung der Tonstärke sich gegen Ende hin allmälig 5 und dann 6 Noten aus den vier 32steln entwickeln, bis die sechs Noten die Oberhand behalten, wo dann auch der Baß markirter hervortritt. Wann ich anfange mit den 5 oder 6 Noten, weiß ich wirklich selbst nicht: es wird je nachdem ich einmal früher oder später crescendire wechseln, was wieder von momentanen Dingen abhängt, wie von minder oder mehr erregter Stimmung, besseren oder schlechteren Bogenhaaren, die leichter im piano oder im forte ansprechen, dünnern oder dicker Saiten, ja was weiß ich von welchen Zufälligkeiten! Aber aufschreiben läßt sich’s meines Erachtens nicht. Täte man’s in einer oder der andern Manier, so würde der Bachsche Text zu subjektiv gefärbt dastehen. — Und da sind wir leider an einem wunden Punkt der meisten Herausgeber unserer Zeit angelangt, der mir (ich darf es Ihnen an dieser Stelle offen gestehen) z. B. schon Davids in vieler Hinsicht höchst verdienstlichen Arbeiten bis zu einem Grade verleidet, daß ich immer trachte von andern Exemplaren als den seinen zu spielen. Man bezeichnet, man arrangirt heutzutage wirklich viel zu viel an fremden Sachen — (die eignen bezeichne man so peinlich genau wie möglich!). Wer nicht als Spieler eine so allgemeine musikalische Bildung, eine so warme Empfindung für die Componisten hat, daß sich ihm das Technische wie Geistige aus eignem Verständnis ergiebt, der bleibe überhaupt davon, sie vor anderen Menschen zu spielen. Das ist wohl für einen Schulmeister, der ich ja jetzt bin, gar wenig pädagogisch?! Vielleicht — indeß scheint mir die Aufgabe des Lehrers auch nicht die zu dressieren, sondern zu dem oben gewünschten Grade des Verständnisses hinzu-

100

leiten, wobei gewiß manches von David Gebrachte auch noch seinen anregenden Nutzen haben kann, der ja ein feiner Kopf und tüchtiger Künstler war. Aber in Bausch und Bogen führt unser modernes für Conservatorien “zum Gebrauch herzurichten” zur Manier. Schon deshalb, weil manche oft gerechtfertigte leise Vortragsregung durch aufschreiben geradezu vernichtet wird — ein gestochenes cresc: mf, f, ff sieht Einen gar derb an, und hört sich noch härter und aufdringlicher an in Ton übersetzt! — Aber nun habe ich nicht nur Ihnen Ihren schmeichlhaften Wunsch nicht erfüllt, sondern auch noch eine Art langweiliger Vorlesung gehalten, und ich habe nichts zu meiner Entschuldigung vorzubringen, als daß wenigstens Ihnen gegenüber meiner Gesinnung unrecht geschehen würde, wenn Sie sagten: qui s’excuse s’accuse. Ich hätte gern willfahrt!

In vorzüglicher Hochachtung

Joseph Joachim”


3. Beethovenstrasse, N. W. Thiergarten
[Berlin, 6 May 1879.]

Dear Mr. Dörffel!

Your son has sent me your request concerning the Chaconne. Above all, I must express my warm thanks to you for the cordially complimentary way in which you tell me that you enjoyed my rendition of Bach’s things.

If only to return your kindness, I would like to fulfill your request to “mark” the Chaconne in my way and, in particular, to write out the arpeggios.

But when I think about it, I have to conclude that precisely this has something unworkable about it: for what you may have liked about my rendition is probably that it sounded free and did not carry the stamp of the reflective, such that I did not play with exactly the same nuances from one time to another.

For me, for example, the effect of the arpeggios comes from producing a broadly conceived crescendo in such away that, with the increase in tone strength, 5 and then 6 notes develop from the four 32nds, until the six notes gain the upper hand, and the bass then also emerges more markedly.

I really don’t know myself when I start with the 5 or 6 notes: it will vary, depending on whether I crescendo sooner or later — which again depends on momentary matters, such as less or more aroused mood, better or worse bow hair which speaks more easily in the piano or in the forte, thinner or thicker strings, ahh, I don’t know what unforseen eventualities! But, in my opinion, it cannot be written down. If one were to do it in one or the other manner, Bach’s text would be too subjectively colored. — And here, unfortunately, we have reached a sore point which concerns most of the editors of our time, (I may frankly admit to you at this point), for example, even David’s works, which are in many respects highly commendable, but that annoy me to a degree that I always try to play from copies other than his.

Nowadays, people mark, people arrange really far too much on other people’s things — (on one’s own things, one’s markings should be as meticulously detailed as possible!).

He who does not have a sufficiently general musical education as a player, a sufficiently warm feeling for the composer, such that the technical as well as the spiritual emerges from his own understanding, should refrain from playing for others.

For a schoolmaster, which I am now, that is hardly pedagogical?! Perhaps — in the same way, the teacher’s task does not seem to me to be to train, but to add to the above-desired degree of understanding, whereby certainly some of the editions by David, who was a fine head and a skilled artist, can still have their stimulating benefit.

But, all in all, our modern practice of arranging “for practical use” for conservatories leads to mannerism.

For the same reason that some often-justified quietly spoken aside in a lecture can be well-nigh ruined by writing it down — one may regard an engraved cresc: mf, f, ff crudely, and it sounds even harder and more intrusive translated into tone! — But now I have not only not fulfilled your flattering wish, but also given a kind of boring lecture, and I have nothing to say in my defense than that at least you would be unjust toward my disposition if you were to say: qui s’excuse s’accuse.

I would gladly have consented!

Respectfully yours,

Joseph Joachim

[Translation © Robert W. Eshbach, 2021]


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Holograph, dated in another hand 6 and 7 Mai, 1879, in The Royal Academy of Music, London. Foyle Menuhin Archive Accession No. 2005.2446.

[1] In der dreibändigen Ausgabe der “Briefe von und an Joseph Joachim” (Berlin 1911-13) ist das Schreiben nicht enthalten.

[2] J. S. Bach, “6 Sonaten für die Violine allein.” Neue Bearbeitung …. (Berlin 1908, Ed. Bote & Bock).

[3] A. Moser, “Joseph Joachim. Ein Lebensbild,” 2. Bd. (Berlin 1910) S. 328 f.

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A Mis-dated Letter

14 Wednesday Oct 2020

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The first volume of Andreas Moser and Johannes Joachim’s Briefe von und an Joseph Joachim, pp. 5-7, contains a letter from Joachim to his violin mentor Ferdinand David, dated London 12. April 1847, in which Joseph describes in interesting detail the concerts and players that he is encountering in the British capital. By internal evidence, the letter is mis-dated. The correct date should be 1844: the year of Joachim’s first visit to England, when he made his legendary début playing the Beethoven Violin Concerto with the Philharmonic Society Orchestra, conducted by Mendelssohn.

Perhaps the most interesting revelation to come from the correct dating of this letter is that Joachim arrived in London expecting to play, not the Beethoven Concerto, but Spohr’s Concerto no. 8 in A minor, op. 47, “Gesangsszene.” As it happened, Heinrich Wilhelm Ernst played the Gesangsszene on Monday, April 15, in the second Philharmonic concert, conducted by Sir George Smart, forcing Joachim to change his repertoire. The history-making performance of the Beethoven Concerto almost did not happen! In any case, Joachim played the Beethoven Concerto, not the Spohr, in the fifth Philharmonic concert, on Monday, May 27, 1844, with Felix Mendelssohn conducting.

https://josephjoachim.com/2013/07/03/philharmonic-debut/

This letter shows that, even at the young age of twelve, Joachim was an astute observer and critic of other musicians. He writes rather dismissively of the London orchestra, comparing it unfavorably to the Leipzig Gewandhaus Orchestra. He writes of how Ernst, a dear and important role model, nevertheless took great liberties with the Spohr — something that, young as he was, Joachim disliked. He calls Sivori a charlatan, who plays out of tune. He writes of other violinists: Auguste Pott (who played his own concerto in the fourth Philharmonic concert on May 15), Jeròme Louis Gulomy (first violinist to the Emperor of Russia—”a fine player, but not of the first class” [The Morning Post, 27 June]) who gave a number of concerts that season, and of Carlo Rossi, “16 years old, who has good recommendations from Rossini and is reputed to play badly.”

The letter is newsy and interesting, and speaks for itself. The references to Schumann are of course incorrectly annotated — the trip mentioned was the Schumann’s trip to Russia, not a trip to Berlin for a performance of Paradise and the Peri. Paradise and the Peri had been completed in late 1843, and we know that Mendelssohn took Joachim to hear its Leipzig premiere on 4 December. Thus the quotation (or mis-quotation) from memory.


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Joseph Joachim to Hermann Härtel, March 1, 1855

28 Saturday Dec 2019

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PPN: PPN845635433
PURL: http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB0001C1F000000000
Titel: Brief an Hermann Härtel : 01.03.1855
Ort: Danzig
Entstehungsjahr: 1855
Kalliope-Nummer: 01634531
Signatur: Mus. Slg. Härtel 128
Kategorie: Musik,Nachlässe und Autographe
Projekt: Nachlässe und Autographe digital
Strukturtyp: manuscript


Hermann_Härtel

Hermann Härtel (*1803 — †1875)
Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, Inv. Nr. Porträt K 20

Joseph Joachim to Hermann Härtel

Danzig am 1ten März
1855

Verehrter Freund

Der Brief, den Sie an Frau Schumann zuletzt
geschrieben haben, enthält so vieles Gütige
auch für mich, daß ich wohl an der geehrten
Freundin Statt einmal antworten darf.
Zuerst also soll ich mittheilen daß wir
als Concertgeber freundlichsten dank sagen
für die Liebenswürdigkeit mit der Sie
sich unseres Vorhabens angenommen
haben! Es ist Frau Schumann indeß ganz
erwünscht, das Concert auf eine gelege=

2

nere Zeit hinauszuschieben, und was
mich betrifft, so ist es mir lieb vor
dem 1ten April nicht nochmals einen Klei=
nen Urlaub zu erbitten, (was zu dem Leipziger
Concert geschehen müßte) da des Königs Gnade
mir von diesem Zeitpunkt an auf andert=
halb Jahre ganz freies Schalten über
meinen Aufenthalt gönnen will, ohne mir
die Vortheile einer Anstellung zu entzie=
hen. Sie sehen, daß es uns nun recht
leicht werden wird, unser Versprechen bei
Ihnen einen Abend zu musiciren, auf

3

deßen Ausführung wir nicht verzichten, später
zu erfüllen, und ich brauche wohl nicht
erst zu versichern, wie sehr ich mich
darauf freue meine Leipziger Freunde
einmal auf einige Zeit ungestört
zu besuchen. Was nun das Concert
angelangt, so bitte ich Sie, recht aufrichtig
Ihre Meinung zu sagen, ob es etwa
in April noch gegeben werden könnte,
mit befriedigendem Erfolg? Meinen

4

Sie vorläufig daß das möglich sei, so können
wir ja das Datum und alles Uebrige
später noch bestimmen. Sie haben wohl
die Güte, bald einige Worte darüber
an Frau Schumann oder an mich zu richten.
Vom 9ten März an werde ich wieder
in Hannover sein. Gestern haben wir
hier in Danzig ein Concert gegeben,
dem am nächsten Montag ein zweites
folgt. Der Aufenthalt in der eigenthüm=
lich gebauten Stadt ist recht angenehm!

Mit freundlichstem Gruß

verehrungsvoll

Joseph Joachim

Angelegentliche Grüße von Frau Schumann und mir an die verehrten Ihrigen,
auch an die Familien  Preusser und Frege


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Joseph Joachim to Woldemar Bargiel, November 17, 1855

28 Saturday Dec 2019

Posted by Joachim in Letters

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PPN: PPN875844308
PURL: http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB0001EE3F00000000
Titel: Brief an Woldemar Bargiel : 17.11.1855
Ort: [Berlin]
Entstehungsjahr: 1855
Kalliope-Nummer: 01483515
Signatur: 55 Nachl 59/B,137
Kategorie: Musik,Nachlässe und Autographe
Projekt: Nachlässe und Autographe digital
Strukturtyp: manuscript
Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0 International


Joseph Joachim to Woldemar Bargiel

Lieber Bargiel

Deine Schwester läßt dich
benachrichtigen, daß wir Sonntag
Abend wieder in Berlin ein=
treffen werden. Auch Brahms
wird dann noch eine Nacht
bei dir campiren um andern
Tags nach Bremen wieder

2

zu fahern.

Programmen und Publikum
waren hier gut.
Die Vorschläge aus Breslau
sind nicht lockend [?] Wir
sprechen bald darüber.

Für heute herzlich grüßend

Joseph Joachim

Sonnabend.


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Joseph Joachim to Hermann Härtel, October 25, 1853

27 Friday Dec 2019

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PPN: PPN845634836
Purl: http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB0001C1EB00000000
Signatur: Mus. Sig. Härtel 125
Kategorie(n): Musik, Nachlässe und Autographe
Projekt: Nachlässe und Autographe digital
Strukturtyp: manuscript


Hermann_Härtel

Hermann Härtel (*1803 — †1875)
Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, Inv. Nr. Porträt K 20

Joseph Joachim to Hermann Härtel

Hannover, am 25sten Obr 1853

Verehrter Freund!

Die versprochene genaue Angabe der
Concert=Tag in Hannover kann ich Ihnen
nun endlich beiliegend schicken, damit
Sie in Uebereinstimmung damit einen
für mein Spielen im Gewandhaus passen=
den Tag wählen helfen. Ich würde
am liebsten im Monat März zu
Ihnen kommen, stehe indeß der ver=
ehrten Concert=Direktion gerne

2

auf zu einem andern Zeit nach Neu=
jahr zur disposition, falls es
erwünschter ist. Natürlich möchte
ich es gerne so einrichten bei der
Gelegenheit mehrere Tage in Leipzig
zuzubringen; es ist allzulange
daß ich meine dortige Freunde
nicht besucht habe, und ich möch=
te mich diesmal ein wenig dafür
entschädigen.

3

Und nun noch eine Frage, die ich
indeß nur Thun kann, wenn Sie mir, bevor
Sie dieselbe gelesen haben, im Stillen
geloben, ohne jede Beimischung von
Freundes=Wohlwollen darauf zu antwor=
ten; ich würde Sie aber nicht Thun, wenn
ich nicht meinte , daß freundschaftliche
Beziehungen in ähnlichen Fällen gera=
de die rücksichtloseste Aufrichtigkeit
nur erleichtern müßten. Ich nehme
an, Sie stimmen mir bei, und darf
nun also wohl ruhig fragen-

4

ob die Herren Breitkof und Haertel
geneigt wären: das längst erwartete
Concert (1 Satz mit Orchester und Klavier=
Auszug, der zugleich als kleine Parti=
tur mit genauer Angabe der verschiedenen
Instrumenten=Eintritte)  dienen müßte)
eine Ouverture zu Hamlet (in Parti=
tur und Orchester=Stimmen) und ein Heft
Violinstücke mit Klavier=Begleitung in
baldiger Aufeinanderfoge als meine
Opera 3, 4 und 5 zu drucken?

5

Können Sie die Frage mit gutem
Gewißen bejahen, so will ich dafür
sorgen, daß Sie die Sachen bald
erhalten, und es wird die Freude,
dieselben herausgeben zu können
dadurch vergrößert werden, daß
sie in Ihrem Verlag erscheinen
sollen, aus dem schon so viele
meiner Lieblingswerke hervorgegan=
gen sind. Ist die Herausgabe

6

nicht möglich, so entschuldigen Sie
die Zeit, welche die Anfrage Ihnen
geraubt.

Einer gütigen Antwort entgegen=
sehend, verbleibe ich mit den
herzlichsten Empfehlungen für
Sie und Ihre verehrte Familie
in aufrichtiger Ergebenheit

Ihr

Joseph Joachim

7

Verzeichniß der Concert=Abende in

Hannover:

II tes Concert               7 ten Janner

III tes ”  ”                     21 ten ”

IV tes ”  ”                     4 ten Februar

V tes ”  ”                      18 ten ”

VI tes ”  ”                     4 ten März

VII tes ”  ”                    18 ten ”

VIII tes ”  ”                   1 ten April


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Joseph Joachim to Hermann Härtel, February 15, 1852

28 Thursday Nov 2019

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PPN: PPN845634003
PURL: http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB0001C1E700000000
Titel: Brief an Hermann Härtel : 15.02.1852
Ort: Weimar
Entstehungsjahr: 1852
Kalliope-Nummer: 01634464
Signatur: Mus. Slg. Härtel 122
Kategorie: Musik,Nachlässe und Autographe
Projekt: Nachlässe und Autographe digital
Strukturtyp: manuscript


Hermann_Härtel

Hermann Härtel (*1803 — †1875)
Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, Inv. Nr. Porträt K 20

Joseph Joachim to Hermann Härtel

Weimar, am 15ten Februar 1852

Geehrter Herr Doctor!

Oft schon hatte ich Gelegenheit Ihrer Güte
mich dankbar zu erfreuen. Die Bereitwillig=
keit, mit der Sie auf den von Dr Liszt in Be=
zug auf meine Compositionen geäußerten Wunsch
eingehen, ist mir neuerdings ein Zeichen Ihrer
freundshaftlichen Gesinnung für mich, das
mich zu herzlichstem Danke gegen Sie ver=
pflichtet. Es ist eine große Freude, Erstlings=
werke in einem Verlag erscheinen zu sehen,
der wie der Breitkopf und Härtel’schen
durch so viele Meister=Schöpfungen ge=
ziert ist, und da ich diese Freude Ihrem
freundlichen Wohlwollen für den angehen=

2

den Autor zu verdanken glaube, mögen Sie
daraus ermessen, wie aufrichtig ich mich Ihnen
verpflichtet fühle. Ich kann nur den Wunsch
aussprechen, daß spätere Werke das Vertraue=
en, mit welchem Sie den ersten entgegen kom=
men, rechtfertigen mögen!
Die betreffenden Stücke werde ich, sobald
das noch von mir zu machende Klavier=
Arrangement der Orchester=Begleitung
fertig ist, einsenden. Ich hoffe es wird
das in ungefähr 8 Tagen geschehen können,
und ich werde mir dann erlauben etwaige
Wünsche in Bezug auf die Art und Weise
der Publikation ihnen beizufügen.

3

Für heute nur noch die Bitte, mich Ihrer ver=
ehrten Familie freundschaftlichst empfeh=
len zu wollen. Hochachtungsvoll

Ihr

Aufrichtig ergebener

Joseph Joachim

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Joseph Joachim to Gisela von Arnim, Hanover, mid-April 1854

15 Monday Jul 2019

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Translation © Robert W. Eshbach, 2013


JJ Initials

Gisela

Gisela von Arnim

Joseph Joachim to Gisela von Arnim[i]

[Hanover, Mid-April 1854]

My dear friend,

Are you angry with your friend, that he has been silent for so long—? O, don’t do it, you dear Gisela, but believe him that it was necessary. I belong to you more securely than ever before, and will not torment you any more—I have done that so often, my dear friend. If only I could tell you, how I feel that I belong to you in inexhaustibly true love, how all my music resonates in solemn delight around the picture that you have poured into my heart. I make a girl my master; from the unprofaned grace of her gaze I learned intuitively to feel the truest beauty, pure faith. What would I have become without you; how dried out from the hothouse-warmth of my Weimar companions. You have reawakened delight, pain, all the primal flames of feeling, with your rich, sun-like being. Yes, I have recovered all my enthusiasm for music; I feel contented in the blissfulness of my feelings, come what may in this world, and I have you to thank eternally that I have again become myself, you who are born to harmony.

Ah, dear Giesel, you ask if I would have felt happy in Berlin! No, I was abysmally unhappy there—broken in my self-esteem; I felt thoroughly humiliated, dumb, inexperienced, a child from head to sole. I had to see that which I had only imagined, and experience that it is one thing to have honorable intentions and another to banish dearly-held wishes; —I had to hear from a girl, who had been magnanimous toward me, and whom I had offended, that she had thought me more high-minded than I was—ah, let me remain silent about how ashamed I felt—who had always believed himself so proud —

All the bitterness that came over me afterwards has been overcome—and I thank God that he has granted me that which will always raise me above every misfortune. I feel that I was born to be an artist, with joyous enthusiasm, and not with the morose reforming zeal of a moralist; I pay homage to the true, the beautiful, with the obstinacy of my dissatisfaction. I would not write that if it were a passing spring daydream; I feel that it grips me.

I am working now on a symphony whose first movements are already quite far along, and sing in me constantly. Hölderlin’s Hyperion, which I read for the first time recently has taken a powerful hold of me (Now I hear you exclaim how awfully young I still am!), and the themes of the symphony have sprung from the mood that it has aroused in me.

At first, the thought of a Prometheus Symphony came into my head; isn’t every creator a Prometheus?

Did you imagine
That I should hate Life,
Flee into deserts
Because all blossom-dreams did not mature?
Here I sit, forming men
To me, a kindred race
To suffer, to weep,
To relish and to be joyful —

                                    [Goethe]

How wonderfully that could be reproduced in 4 movements of a symphony:

  1. Prometheus, the creator of men,
  2. The sacred fire,
  3. The Soul,
  4. The chastised and freed Prometheus;

but I believe it will take a while for this desire to ripen into deed. So far it remains more in my speculation than in my mood. — And now, again heartfelt thanks for your poem Helgi and Sigrun. I ask your permission to keep it for yet another week; I like it so much that I would like to transcribe it myself — it is so steely and pristine, and yet what a warm breast the armor covers; what heavenly sun is mirrored in its fire!

You dear friend!

Herman’s Traum und Erwachen [ii] is very beautiful; many strophes delighted me — but I was staggered to see a secret of our lives confided to the public in it — I confess, I think Herman’s wish to open my eyes has more reason in the dedication than love for me — feeling of sympathy. He is too afraid to be Anton’s friend, and he holds me to be Anton —

Am I wrong about this?

Tell me soon that you are well—and whether you will soon travel to Wiepersdorf? I will be back and forth between Göttingen and Düsseldorf this summer. In autumn I travel to Pest.

Constantly,

your

J. J.

[i] Joachim/GISELA, pp. 29-31

[ii] Herman Grimm, Traum und Erwachen: Ein Gedicht, Berlin: Wilhelm Hertz, 1854.

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Richard Wagner to Joseph Joachim, March 17, 1858

19 Sunday May 2019

Posted by Joachim in Letters

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https://i0.wp.com/josephjoachim.com/wp-content/uploads/2013/06/jj-initials.jpgTranslation © Robert W. Eshbach, 2019


Pierre_Petit_Richard_Wagner_1861

Richard Wagner, 1861
Photo: Pierre Petit

Richard Wagner to Joseph Joachim [i]

Zürich, March 17, 1858

Dear Friend,

News of you has reached me through Clara Schumann and through Kirchner that has reassured me somewhat concerning your dismaying remoteness from me. More than this reassurance, my belief in the noble earnestness of your character enables me to entrust to you a matter that requires the delicate and discreet consideration of a friend, in the full sense of the word, if I am to approach you for counsel and help. I ask you then not to take my confidence in an unkindly way if I convey my request to you with the following.

From time to time, such an oppressive and consuming concern for my existence arises, through the unmitigated insecurity of my external circumstances, that years ago I consulted with Liszt, whether it would be possible to expect of the Grand Duke [Carl Alexander] of Weimar, who once appeared as my protector, that he would grant me an annuity for the assurance of an undisturbed domestic tranquility, for which I could commit myself, if I should someday receive amnesty, to personally perform my operas in Weimar at his command, etc. Liszt was dubious about this possibility, and seemed therefore not to wish to have anything conferred on him or on me by pressing the matter at the Weimar court. — In the meantime, I am again, as I have been for a considerable time, in the position of being most uncomfortable for want of an adequate and secure subsidy, since my alternative income from theaters is of such haphazard and unpredictable nature that I cannot rely on it in the slightest, and its often unexpected failure to appear causes me the most disagreeable embarrassment. Only the patronage of a prince can protect me against this, which, if it does not spare me from all need of earning money from my labors, would at least allow me the reassuring support of a secure livelihood. So it may well be forgiven me that I have had my eye on the King of Hanover for some time. His great and earnest love of art, his eagerness to secure excellent artists for himself by means of unrestrained liberality, and further, his outspoken affinity for my music, as I have been led to believe, are surely good excuses for me.

So it occurred to me then, that it would perhaps be necessary only to make him aware of me, my situation and my wish, in order to prompt him, completely on his own, to take vigorous action to help me.

I have chosen you, dear Joachim, as it made such good sense, to accord me this great act of friendship; anyhow, had I not known of your presence in Hanover and your influence on the King, I probably would not have been able to stoop to it. Therefore, I ask you first for your advice in this matter, and if you believe that you can give me a hopeful and auspicious word from him, then I would ask you to take up my cause and to bring my wish before the King in any manner that seems appropriate to you, and thus to be my gracious advocate.

My thought would be that the King, informed of my plight by friends, would of his own free will offer me a yearly stipend, adequate to secure my subsistence as well as primarily to ensure undisturbed tranquility for my work; in return for which I would commit myself to deliver my subsequent dramatic compositions to him in a special edition, allow them to be performed at the court theater without further remuneration, and finally, after — hopefully before long — attaining amnesty, to appear every year at the command of the King for a determined amount of time, personally to conduct whichever of my works he wishes to hear. I would add, with respect to the current splendid artistic resources of the court theater, that I would commit myself, in the event that I could personally participate, to producing my new works first in Hanover.

Now, valued friend, see what you may think of this; whether you can give me hope, and whether, as my friend, you wish to take this on with your influence. I am dependent more than I can say to you on a favorable decision in this matter; for it is one last thing that I can decide to try for the security of my — this between us — abject existence! —

Let me therefore hear good news from you soon, and remain as constantly my friend as it was easy for you to become!

With warm greetings

Your

Richard Wagner


What Joachim thought of this proposal is not known. In any case, there is no evidence that he ever replied. To Joseph, it must have seemed astoundingly craven. Here was the author of Das Judenthum in der Musik, who had libelously accused the “cultured Jew” of making a commodity of Art, admitting that without the prospect of Joachim’s help he would not have been able to stoop to making a commodity of his own. Here was the author of Art and Revolution seeking amnesty; the man who wrote of the Artwork of the Future: “Yet truly of its own immortal force will it maintain itself and blossom forth: not merely cry for maintenance on pretext of some outward-lying aim. For mark ye well, this Art seeks not for gain!” “‘Utopia! Utopia!’ I hear the mealy-mouthed wise-acres of our modern State-and-Art barbarianism cry,” he wrote, “the so-called practical men…” This is the man who wrote to Liszt: “Can you come in May? On May 22nd I shall be forty. Then I shall have myself re-baptised; would you not like to be my godfather? I wish we two could start straight from here to go into the wide world. I wish you, too, would leave these German Philistines and Jews. Have you anything else around you? Add the Jesuits, and then you have all. ‘Philistines, Jews and Jesuits,’ that is it; no human beings. They write, write, and write; and when they have ‘written’ a great deal, they think they have done something wonderful. Stupid fools! do you think our heart can beat for you? What do these wretched people know about it? Leave them alone, give them a kick with your foot, and come with me into the wide world, were it only to perish bravely, to die with a light heart in some abyss.” [ii]

For Joachim, who, unable to play the hypocrite, had so recently broken off artistic and personal relations with Liszt, and who chafed constantly under the humiliating conditions of his employment, the idea that he should now put himself forward at court as Wagner’s sponsor was surely as preposterous as it was insulting. The deleterious consequence of the commercialization of daily life was one of the central dilemmas of the nineteenth-century, as it is of our own. The trivialization of art through commerce was, and is, a central preoccupation of all serious artists; with Mendelssohn and Schumann it had been a defining concern. However, whereas Mendelssohn and Schumann addressed themselves to a newly-affluent public, hoping to knit them into an organic community through a deeper appreciation of art, Wagner and Liszt dreamed of creating communities of artists — independent geniuses, leaders and preachers whose main means of support would be the disinterested funding of the state. In Weimar, Liszt found his Carl Alexander; in Bavaria, Wagner would find his Ludwig — young, idealistic princes, both, who could be held in thrall by the charismatic personalities of the artists in their employ. But Joachim’s experience in Hanover with even so art-loving a king as George V had taught him that dependence upon the “protection” of a king was a highly problematic model for artists to follow. Unquestionably, as a Jew he knew that the favor of a monarch, freely given, could be freely revoked. Had not the recent history of the Jews been a struggle against just such “protection?” Enlightenment and capitalism had provided them a path to freedom and independence. Joseph may well have had Hermann Wittgenstein’s words in his ears as he read Wagner’s letter: “I began my career in other and troublesome circumstances. Thrown back upon my own powers, I was never despondent, never solicited or received any man’s favor, and endeavoring to emulate my betters, I never became an object of their contempt.” [i] Wagner’s brand of servile, reactionary, racist, anti-capitalist Romanticism could hold no charms for him. Subsequent relations between Joachim and Wagner went from chilly to cold, never again to thaw.

[i] McGuinness/WITTGENSTEIN, p. 3.


HPIM5507

Hanover Opera House

Zürich, 17 III 1858

Lieber Freund!

Durch Clara Schumann, sowie durch Kirchner, sind mir Nachrichten von Dir zugekommen, die mich über Dein bedenkliches Entfernthalten von mir einigermassen beruhigt haben. Mehr als diese Beruhigung giebt mir aber mein Glaube an den noblen Ernst Deines Charakters den Muth, mich Dir in einer Angelegenheit anzuvertrauen, für welche ich, wenn ich Dich darin um Rath und Hülfe angehe, der zarten und verschwiegenen Rücksicht eines Freundes, im vollen Sinne des Wortes, bedarf. Ich bitte Dich daher, mein Zutrauen nicht unfreundlich aufzunehmen, wenn ich Dir mit folgendem mein Anliegen mittheile.

Von Zeit zu Zeit stellt sich bei mir, durch die gänzliche Unsicherheit meiner äusseren Verhältnisse hervorgerufen, eine so niederdrückende und verzehrende Sorge um mein Bestehen ein, dass ich schon vor Jahren Liszt zu Rathe zog, ob es möglich sein würde, dem Grossherzoge [Carl Alexander] von Weimar, da er einmal die Miene meines Protectors zeigte, zuzumuthen, dass er mir zur Sicherung einer ungestörten häuslichen Ruhe, eine Pension bewillige, für die ich mich verpflichten könnte, wenn ich dereinst amnestirt wäre, auf seinen Ruf und Wunsch meine Opern in Weimar persönlich aufzuführen, u.s.w. Liszt zweifelte an diesere Möglichkeit, und schien deshalb sich und mir durch Anregung der Sache beim Weimarischen Hofe nichts vergeben zu wollen. —

Seitdem bin ich gerade jetzt wieder seit längrer Zeit in der Lage, das Entbehren einer ausreichenden und sichren Subvention auf das Peinlichste empfinden zu müssen, da meine sonstigen Einnahmen von den Theatern so zufälliger und unberechenbarer Natur sind, dass ich nicht den mindesten Verlass auf sie haben kann, und ihr oft unvermuthetes Ausbleiben mich in die widerwärtigsten Verlegenheiten bringt. Hiergegen kann mich nur die Protection eines Fürsten schützen, die, wenn sie mich auch nicht gänzlich von aller Nothwendigkeit, auf Gewinn von meinen Arbeiten zu sehen, befreite, mir doch wenigstens den beruhigenden Rückhalt eines gesicherten Auskommens für alle Fälle gewähre. So ist es mir denn wohl verzeihlich, dass mein Auge seit einiger Zeit auf den König [Georg V.] von Hannover gefallen ist. Seine grosse und ernste Liebe zur Kunst, sein Eifer, durch rückhaltlose Liberalität sich ausgezeichneter Künstler zu versichern, und hierzu sein ausgesprochenes Gefallen an meiner Musik, wie es mir bekannt geworden, sind gewiss gute Entschuldigungsgründe für mich. So fiel mir denn ein, dass es vielleicht nur nöthig sei, ihn auf mich, meine Lage und meinen Wunsch aufmerksam zu machen, um ihn ganz von selbst zu einer durchgreifenden Hülfe für mich zu veranlassen.

Mir diesen grossen Freundschaftsdienst zu erweisen, habe ich nun, wie es so ganz nahe lag, Dich, lieber Joachim, auserlesen; ja, ohne eben Dich in Hannover und von Einfluss auf den König zu wissen, hätte ich wahrscheinlich dennoch gar nicht auf ihn verfallen können. Somit frage ich Dich zunächst um Deinen Rath in dieser Sache, und glaubst Du durch ihn Dich mich günstig und hoffnungsvoll zeigen zu können, so schliesse ich dann die Bitte daran, Dich meiner anzunehmen, meinen Wunsch, in welcher Weise es Dir geeignet dünkt, an den König zu bringen, und hierbei mein freundlicher Fürsprecher zu sein.

Mein Gedanke wäre, dass der König, von meiner Lage durch Freunde unterrichtet, wie aus freien Stücken zur Sicherung meines Lebensunterhaltes, so wie hauptsächlich zur Wahrung ungestörter Ruhe zum Arbeiten, mir einen genügenden Jahresgehalt aussetzte; wogegen ich mich verpflichtete, meine ferneren dramatischen Compositionen in einem besonderen Exemplare ihm zuzustellen, auch ohne weiteres Honorar sie dem Hoftheater zur Aufführung zu überlassen, so wie endlich, nach — hoffentlich bald — erlangter Amnestirung, auf den Befehl des Königs mich jedes Jahr auf eine bestimmte Zeit in Hannover einzufinden, um je nach Wunsch meine Opern selbst zu leiten. Dem füge ich, mit Hinsicht auf den glänzenden Bestand der gegenwärtigen Kunstmittel des Hoftheaters, bei, dass ich, falls ich eben persönlich mich dabei betheiligen kann, mich auch verbinden würde, meine neuen Werke zuerst in Hannover zur Aufführung zu bringen.

Nun, werther Freund, sieh einmal zu, was Du hiervon denken darfst; ob Du mir Hoffnungen machen kannst, und ob Du für diesen Fall Dich mit Deinem Einflusse als Freund meiner annehmen willst. Es hängt für mich mehr, als ich Dir sagen kann, von einem günstigen Entscheid dieser Sache ab; denn sie ist ein Letztes, was ich für die Sicherung meines — unter uns gesagt — elenden Daseins zu versuchen mich entschliessen kann! —

Lass mich also bald Gutes hören, und bleibe so dauernd mein Freund, als es Dir leicht wurde es zu werden!

Mit herzlichem Grusse

Dein

Richard Wagner

[i] Wagner/BRIEFE, IX, pp. 219-221.
[ii] Wagner/CORRESPONDENCE, pp. 272-273.

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Joseph Joachim’s Letter to his Parents after Schumann’s Death, August 12, 1856

26 Saturday Aug 2017

Posted by Joachim in Letters

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[Joseph Joachim, unpublished MS, British Library: Joachim Correspondence, bequest of Agnes Keep, Add. MS 42718.]


Joseph Joachim to his Parents

[Düsseldorf], August 12 [1856]

Beloved parents,

I have been worried about many things since you heard from me last! Unfortunately, things didn’t go as well as they might have for me in Heidelberg; for the most part I had to struggle with my health, so that the cheerful enjoyment of the beautiful region and carefree creative activity, such as I had hoped for before I came, was out of the question.

Granted, it went better for me by the end of my stay here — but I had hardly begun to enjoy it when news of Schumann’s impending end called me away. You know my heartfelt admiration for the departed one, the warm sympathy that I hold for him and his family, and you may well imagine how deeply the news affected me; it was impossible to stay in Heidelberg and I traveled to Bonn, where indeed I found my deeply-mourned friend no longer among the living. I nevertheless found an opportunity, together with my colleague Brahms, to assist his esteemed wife with a number of acts of kindness.

Of course, Schumann’s condition in recent years has been such that, even as a friend, one wished for a release from the gloomy world that tormented the master; nevertheless, with his death it has become doubly palpable for me how much I have lost of pure benevolence, of encouraging sympathy for my artistic activities. You have no idea how loving, how gentle, how intelligent Sch. was — as a man and as a musician — in his interactions with honestly striving people of good will. Also, how in his never-resting diligence he was a true role model, whose whole significance is written in my heart for life.

After the funeral I traveled with Frau Sch: to here. Düsseldorf is on the way to Hanover, and I shall go back there tomorrow, if only temporarily, in order hear what the King’s plans are for September. I almost fear that I will have to accompany him to Norderney (Seaside resort — an island)! It wouldn’t be very congenial for me; though sea-baths might be quite good for me, and I am henceforth determined to face fortune with a good spirit. If I don’t have to go to Nordeney, I will go for a month to Berlin, in part because of the music library, which I do not yet know, and which I would like to use in the future, and partly also to see my friends there, namely the Arnims, since I far prefer them all to my acquaintances in Hanover. Just now I received a letter from dear Fritz, delayed in the mail, since it strayed first to Hannover, and then to Heidelberg before it caught up with me here. I had no idea that my dear brother was so near, and now I have not seen him! Have you received my last letter? I have not yet heard from you all, and I long so to know about you all in Pest. I will soon send you, from Hanover, the address where you may write to me. How did the baths suit dear Mother, and the stay in the country dear Father? And what is Hermine doing? Frau Schumann has very sweet children, with whom I liked to go for walks — that reminded me of my nieces and nephews!

Now that I am completely healthy again, and have reason to believe that, since my illness has played itself out, I am freed of it for a long time (through careful, regular living and cold baths, for ever!), I am again very happy, and want nothing other than to have good musical thoughts come into my head! I long for continual cheerfulness, and will give evidence of it through frequent writing.

With heartfelt greetings to you all,

Your

Joseph

Translation © Robert W. Eshbach 2017


                        12ten Aug.

Geliebte Eltern

Seitdem Sie zuletzt von mir gehört war ich mannigfach besorgt! Leider gieng es mir in Heidelberg selbst nicht das Beste; ich hatte meist mit meiner Gesundheit zu kämpfen, so ich an einen frohen Genuß der schönen Gegend an ein heiteres, schaffensfrohes Arbeiten, wie ich vor dem Kommen gehofft//

nicht zu denken war. In der letzten Zeit meines dortigen Aufenthalts freilich gieng es beßer— aber ich fieng kaum an mich dessen zu erfreuen, als mich die Nachricht von Schumanns bevorstehenden Ende dort fortrief. Sie kennen meine herzliche Verehrung für den verstorbenen, den warmen Antheil den ich für Ihn wie für die Familie derselben hege, und // werden denken können wie tief mich die Nachricht ergriff; es war mir unmöglich in Heidelberg zu bleiben und ich reiste nach Bonn, wo ich meinen tiefbetrauerten Freund zwar nicht noch lebend traf, doch wenigstens Gelegenheit fand seines verehrten Frau in manchem Liebesdienst nachträglich, vereint mit meinem Kollegen Brahms, beizustehen. //

Schumanns Zustand war freilich in den letzten Jahren so gewesen, daß man eine Erlösung aus der trüben Welt die den Meister quälte, selbst als Freund wünschte, dennoch ward mir mit dem Tode erst doppelt fühlbar wie viel ich an reinem Wohlwollen an fördernder Theilnahme für mein künstlerisches thun // verloren! Sie haben keine Idee wie liebevoll, wie mild, wie geistig Sch. als Mensch wie als Musiker gegen Reinstrebende Gutes Wollende im Umgang war. Auch darin wie im nimmer ruhenden Fleiß ein wahres Vorbild, deßen ganze Bedeutung mir für meine Lebens=Zeit ins Herz geschrieben ist. //

Nach dem Begräbnißtage reiste ich mit Frau Sch: hinher. Duesseldorf liegt auf dem Wege nach Hannover, und ich will morgen dorthin zurück, wenn auch nur vorläufig um zu hören was des Königs Pläne für den September sind. Fast fürchte ich, daß ich dann mit nach Nordeney (Seebad //

ein Insel) soll! Es wäre mir nicht sehr wilkommen; obschon mir vielleicht Meerbäder recht zuträglich sein könnten, und ich deshalb auch entschloßen bin mich mit gutem Geist ins Geschick zu ergeben. Brauche ich nicht nach Nordeney so würde ich mich noch auf einen Monat nach Berlin begeben, theils der musikalischen Bibliothek wegen, die ich noch nicht//

kenne und die ich gerne für die Zukunft brauchen will, theils auch um meine Freunde dort, namentlich Arnims wieder zu sehen da ich sie meinen Hanoverschen Bekannten allen weit vorziehe. Eben erhalte ich einen Brief von dem lieben Fritz, verspätet durch die Post; da er erst nach Hannover, dann nach Heidelberg//

gewandert war, bevor er mich hier traf. Ich hatte keine Ahnung dass der liebe Bruder so nah war, nun hab’ ich ihn doch nicht gesehen! Haben Sie meinen letzten Brief erhalten? Ich habe noch nicht seitdem von Ihnen allen gehört, und doch sehne ich mich recht von den lieben Allen in Pesth zu wißen?. Von Hannover aus will ich //

gleich schreiben wohin Sie addressieren sollen. Wie ist das Bad der lieben Mutter bekommen, und der Landaufenthalt dem lieben Vater? Und was macht Hermine? Frau Schumann hat sehr liebe Kinder, mit denen ich gerne auf Spatziergänge verkehrte — das erinnert mich an die Nichten und Neffen! //

Jetzt, wo ich wieder ganz frisch bin, und Grund habe zu glauben, daß ich durch die Sommer, wo sich mein Uebel recht austobte, auf lange, (bei vorsichtig regelmäsigem Leben und kalten Bädern auf immer!) befreit bin, bin ich auch wieder ganz //

freudig und will mir auch nichts als gute musikalische Gedanken in den Kopf kommen lassen! Ich sehne mich nach fortdauender immer Heiterkeit und will das durch oftes Scheiben beweisen.

Alles von Herzen grüßend,

Ihr

Joseph.

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Joseph Joachim to Unknown, Pesth, May 12, 1848

17 Tuesday Jan 2017

Posted by Joachim in Letters

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Holograph: Universitätsbibliothek Leipzig, Kurt-Taut-Slg./5/Hee-J/H/294.Holograph: Universitätsbibliothek Leipzig, Kurt-Taut-Slg./5/Hee-J/H/294.


Joseph Joachim to Unknown
[Probably Dr. Julius Klengel (1818—1878), son of Moritz Klengel (1794-1870) and Joachim’s tutor after Hering. The Klengels lived at Lehmanns Garten, as did Joseph (Joseph lived at Door 4)]


Pesth am 12ten Mai 1848

Verehrter Herr Doctor!

Es ist mir lieb, daß ich so bald Gelegenheit finde, Ihnen
ein paar Worte schreiben zu dürfen, denn Sie haben es mir
ja selbst aufgetragen, Ihnen so bald ich etwas Gewißes über
[mein] nach Leipzig kommen wüßten, zu schreiben. Ich habe meinen
Eltern die Sache vorgestellt, [1] und obwohl sie im Anfange
Nicht recht davon wollten, mich wieder wegzulaßen, so
Gelang es mir doch zuletzt, sie zu überreden, und so denke
ich dann, wenn anders die Herrn Directoren noch die selben
Gesinnungen für mich hegen, Mitte oder Ende Juli in
Lehmanns=Garten, [5te] Thüre anzufragen, ob mich der Va=
ter und Frl. Nanni wieder aufnehmen möchten. —
Vorgestern um 10 Uhr Abends kam ich hier an, nachdem
ich 9 Tage in Wien zugebracht hatte. Sie können es sich
vorstellen, was das für Freude für mich war, meine
Lieben Eltern und alle Geschwister noch mehr als 2

2

Jahre wieder zu sehen! Und die vielen Neffen und Nichten,
die (ohne Oncle=Stolz) so wunderhübsch sind! Ich werde hier
gewiß sehr schöne Tage zubringen; und denke auch recht fleißig
zu sein, damit ich mein neues Amt mit Ehren antreten
kann. Freilich habe ich bis jetzt hier noch wenig Zeit
zu Arbeit gefunden. —
Ungarn ist in großer Aufregung; überall wünscht
man es womöglich ganz frei von Oesterreich zu sehen,
und dem Kaiser in der that nichts vom Lande zu laßen
als den Namen “König”. Natürlich überall, aus jedem
Fenster und aus jedem Knopfloch: weiß, roth, und grün,
die ungarischen National=Farben. Vorgestern Abends frag=
te man dem General Lederer, Kommandanten der Ofner Festung,
eine so genannte “Katzenmusik” die in Pfeifen und Miauen
besteht, weil er der Jugend, wie man die Studenden hier
nennt, sein Versprechen, Waffen zu geben, nicht gehalten
hatte, und weil man seinen Posten von einem Ungar besetzt
zu sehen, wünschte. General Lederer liest schändlicher
weise, ohne erst zum Zurückziehen aufzufordern, einhau=
en, und es gab 4 Todte und mehr als 20 Verwundete,
worüber denn hier Alles entrüstet ist. Lederer ist bereits

3

in derselben Nachte entwischt, aber die Ungarn verlangen,
daß er und die Officiere, die zum Stechen Befehl gegeben
exemplarisch bestraft werden. Man ist begierig, wie
es hier ablaufen wird, doch hofft man allgemein, ohne
ferneres Blutvergießen. — Die Orientaler haben
hier Ruhe, und was man von den Pesther Unruhen
dieser Art in der Leipziger Zeitung las, war
übertrieben, in Pressburg aber sind leider die schlimmsten
Dinge vorgefallen, und die grellsten Farben nicht hinrei=
chend die Judenverfolgunen dort, zu schildern. Die Ungarn
sind, oder stellen sich wenigstens entrüstet darüber,
und wollen alle Schuld auf die Slaven und Deutschen
schieben, von denen in Pressburg eine große Menge
wohnt. Das Standrecht ist in Pressburg für die Ver=
volger erklärt. — Doch, genug von diese häßlichen, bösen
Geschichten? Sie haben Beßeres zu thun, als sich dieselben
Vorlesen zu laßen, lieber [Hr] Doctor. Meinen herzlichen
Gruß an die liebenswürdige Vorleserin, sowie an Frl.
Nani und den Kinder von Ihrem

Ewig dankbaren
Joseph Joachim

P. S. Lesen Sie zuweilen noch Titan? Nach Shakspeare frage ich gar nicht?


 slg_taut_5_hee-j_h294_0001-copy

slg_taut_5_hee-j_h294_0002-copy

slg_taut_5_hee-j_h294_0003-copy

slg_taut_5_hee-j_h294_0004-copy


[1] See letter of 2 May from JJ to Ferdinand David, Joachim/BRIEFE I, pp. 12-13.

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