Originally published in: Hermann Erler, “Niels Wilhelm Gade (geboren 22 Februar 1817). Eine Erinnerung an seinen 91. Geburtstag mit ungedruckten Briefen von Joseph Joachim und Clara Schumann.” Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, Vol. 37, No. 96 (Saturday, 22 February 1908), 1. Beiblatt.


Joseph Joachim to Niels Gade, ca. 1862 [1]

Hannover

            Lieber, verehrter Gade

Ein junger Geiger aus Ungarn, Leopold Auer, den Du, glaube ich, bei mir schon gesehen hast, bittet mich bei seiner bevorstehenden Reisen nach Kopenhagen um einige Zeilen an Dich. So ungern ich eigentlich “Empfehlungen” gebe, eine so große Freude gewährt es mir in dem vorliegenden Falle meinen jungen Kollegen und Landsmann Dir vorzustellen und Dich zu bitten, ihn anzuhören, damit er selbst sich Dir empfehlen könnte. Es wird gewiß nicht mehr bedürfen, um Dir das lebendigste musikalische Interesse für ihn einzuflößen, der ja als Violinspieler allen seinen Altersgenossen, die ich gehört, weit vorgeschritten ist! Aber auch als Lieber, bescheidener, braver Junge wird sich Auer gewiß Dein Wohlwollen erwerben, und so hoffe ich Du wirst gern Deinen großen Einfluß zu seinen Gunsten geltend machen. Der Vater meines Schützlings, der mit nach Kopenhagen reist, würde Dir für Deinen Rath von Herzen dankbar sein, wenn Du gleich Anfangs über seine Pläne mit ihm sprechen wolltest. An Toofte [2] [Valdemar Tofte] will ich ihm selbst einen Gruß mitgeben.

Und nun will ich Dir noch die Dir gewiß willkommene Nachricht mitteilen, daß ich meine Direktion der Concerte hier beibehalte und bloß während der Dauer derselben (4 Monate) in Hannover zu sein brauche. Der König hat mir, nach meiner Kündigung, diese dankenswerthen Vorschläge gemacht. So werde ich (Dich) dann leicht künftighin einmal besuchen können.

Wir studiren jetzt hier den ganzen Schumannschen Faust, den ich dirigiren werde. Stockhausen wird drin mitwirken, und ich freue mich darauf.

Herzlich grüßend

Dein

Joseph Joachim


Hannover

            Dear, esteemed Gade

A young violinist from Hungary, Leopold Auer, whom I believe you have already seen at my place, asks me for a few lines to you before his upcoming travels to Copenhagen. As much as I do not like to give “recommendations,” it gives me great pleasure to introduce my young colleague and compatriot to you and to ask you to listen to him, so that he can recommend himself to you. It will certainly not take more to instill in you the liveliest musical interest in him, who as a violinist is far ahead of all his peers that I have heard! But Auer will certainly also earn your goodwill as a dear, modest, good young man, and so I hope you will gladly use your great influence in his favor. The father of my protégé, who is traveling with him to Copenhagen, would be heartily grateful for your advice if you would talk to him right away about his plans. I will give him a greeting to Toofte myself.

And now I want to tell you the news, which is certainly welcome, that I will keep my direction of the concerts here and only need to be in Hanover for their duration (4 months). After my resignation, the King made these grateful suggestions to me. So I will then easily be able to visit (you) sometime in the future.

We are now studying the entire Schumann Faust, which I will conduct. Stockhausen will participate in it, and I am looking forward to it.

With cordial greetings

Your

Joseph Joachim


[1] See: Georg Fischer, Musik in Hannover, Hannover & Leipzig: Hahn’sche Buchhandlung, 1903, p. 263.

[2] Danish violinist and pedagogue Valedmar Tofte (*21 October 1832 – †28 May 1907). At Gade’s suggestion, Tofte studied with Joachim from 1853 to 1856.


English translation ©2022 Robert W. Eshbach